Neue Woche, neues Glück!


Jetzt wo die zweite Woche beginnt, hat sich schon eine ganze Menge getan.
Zum einen sind wir jetzt komplett – Adam, der Tänzer aus Kanada ist angekommen (leider ohne sein Gepäck) und wohnt im Zimmer neben mir.  Außerdem habe ich meine erste Portugiesischstunde besucht. Aber das ist noch längst nicht alles.

Aus meiner letzten Woche habe ich ein bisschen gelernt, dass es überhaupt nichts bringt sich selbst zu stressen und sich den Kopf zu zerbrechen. Manchmal finden sich die Lösungen ganz von selbst, man muss bloß ein bisschen geduldig sein (leider nicht meine Stärke).
Um das mit der Wochenstruktur ein bisschen besser in den Griff zu bekommen, habe ich mich seit neustem als Mitglied einer Fitnessbude eingeschrieben. Um das Weiß aus meinem Zimmer zu vertreiben habe ich einfach ein paar Pappplakate bemalt und an die Wand gepappt. Und die anderen "Mitkünstler" locken mich immer mal wieder aus meinem Zimmer. Schön.

Ein kleiner Lobgesang
Das Goetheinstitut kümmert sich blendend um uns. Am Montag konnte ich zum ersten Mal mein neues Atelier besichtigen. Am Dienstag sind Maria, Zena (ich hoffe ich habe das richtig geschrieben) und ich mit einem Pickup in die Stadt gefahren, um Materialien zu besorgen. Ich musste mich quasi um nichts kümmern – die komplette Organisation übernahm das Institut. Das war ein richtiges "VIP-Künstlererlebnis" für mich. Von einem Pickup abgeholt zu werden, bequem durch den portugiesischen Verkehr zu rollen und anschließend mit dem Finger auf die gewünschte Pappe bzw. das Papier meiner Wahl zu zeigen – da fühlte ich mich schon fast ein bisschen verwöhnt. Dankeschön.
Pünktlich am Dienstag um 15 Uhr hat das Goethe-Institut eine große Kaffee und Kuchen Runde organisiert, in der sich die Mitarbeiter*innen und Angestellten des Instituts vorgestellt hatten. Beim Anblick von zwei Kuchen für geschätzte vierzehn Personen war ich zuerst ein bisschen skeptisch. Aber holla die Waldfee ... diese Kuchen hatten es ganz schön in sich! Dagegen wirkte Schwarzwälder Kirschtorte luftig wie ein Windbeutel. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich mit Felix lang und breit über die aktuelle politische Situation in Brasilien zu unterhalten. (Dazu werde ich jetzt nichts schreiben, weil das sonst schon wieder ausufert).

Dann wäre da noch der persönliche Sprachunterricht, den wir hier kostenlos angeboten bekommen.
Die Lehrerin Edna ist unglaublich nett und spricht mit mir ausschließlich in Portugiesisch. Das erleichtert das Sprachenlernen für mich ungemein. Jedes Mal beim Fitnessstudio versuche ich mit meinen nicht vorhandenen Sprachkenntnissen mit der Einlassdame zu flirten. Ich glaube, damit unterhalte ich insgeheim die ganze Belegschaft. Sie begrüßen mich schon mit "Mister Schumann" und fragen mich jedes Mal, ob ich mir meine Fußverletzung beim Fußballspielen eingefangen habe. Wenn sie wüssten, dass es nur ein kleiner Häckisäck war...

Der einzige Graffitiladen der Stadt
Im Dämmerlicht begab ich mich gestern zum lokalen Graffitiladen. Der Verkäufer sprach gutes Englisch und so kamen wir schnell ins Gespräch. Mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, als ich auf die Preise schaute: 8 – 10 Euro für eine Sprühdose! Das ist das das Dreifache von dem, was ich in Deutschland bezahlen würde!
Der Verkäufer kommentierte meine Überraschung leicht sarkastisch: "Tja, Importware kostet nun einmal mehr."  Da einige Farben nicht mehr vorrätig waren, fragte ich ihn nach dem nächsten Lieferdatum. Er antwortete: "Naja, vielleicht Anfang Juli? Wenn Du mir das Geld jetzt schon bezahlst und 20 Kisten bestellst, dann vielleicht in 10 Tagen." Ob es hier noch andere Graffitiläden in der Stadt gäbe? Nein. Bei all den Graffititalenten in der Stadt überrascht dieser Umstand schon ein bisschen. Aber ich will jetzt mal nicht herum lästern. Zur Erklärung: Ich möchte hier in Slavador mit lokalen Sprüher*innen eine Wandmalaktion organisieren. So wie es aussieht, muss ich das aber sehr gut planen. Sonst explodieren die Kosten ...
Parallel zu meinem Projekt hier organisiere ich gerade auch noch ein Interview-Treffen mit Street-Art Künstlern in Sao Paulo. Diese habe ich vor ein paar Jahren in Halle kennengelernt. Wenn alles glatt geht, dann fliege ich in ein paar Wochen nach Sao Paulo und darf hoffentlich auch bei den Künstlern übernachten. Wie ihr seht, wird es bestimmt nicht so schnell langweilig.

Shopping Center
Auf meinem Heimweg gestern habe ich ein Shopping-Center besucht. Sofort musste ich mich an die Unterhaltung vom vergangenen Sonntag erinnern. Ich sah Läden mit Fake-Adidasschuhen für umgerechnet 10 Euro. Versonnen betrachteten junge Frauen und Kerle die Werbetafeln der Geschäfte. Es hatte schon fast ein bisschen etwas von einer Anbetung. Ich weiß nicht, ob das nur mein persönlicher Eindruck ist, aber irgendwie kam mir diese Shoppingcenter hier vollkommen fehl am Platz vor. Es hatte für mich wenig mit der brasilianischen Kultur zu tun. Auch wenn sie eine Live-Band engagiert hatten, um die Besucher zu belustigen, kam mir der Ort kühl und unpersönlich vor. Es hatte etwas vollkommen Befremdliches, ein C&A Geschäft auf drei Etagen in Brasilien zu betrachten – mit hauptsächlich hellhäutigen Modelfotos. Am unangenehmsten war mir der Besuch in dem Lojas Americanas. Eine Art Super-Mäc Geiz, in dem man sich leicht verlaufen kann. Diese Einkaufshalle steht für mich im krassen Kontrast zu der lebendigen Ladenkultur in den Straßen. Vielleicht will man ja immer das, was man sonst nicht haben kann ...

Jetzt bleibt nur noch, über mein Street-Art Projekt zu schreiben. Aber bevor ich darüber große Reden schwinge, muss ich erst einmal ein bisschen daran arbeiten! Nur so viel: ich glaube es wird ziemlich gut! :-)

Wie ihr merkt, starte ich voller Zuversicht in die zweite Runde. Mit Ehrgeiz und Geduld – das nenne ich Mal die "deutsch-brasilianische Mischung". In den nächsten Tagen werde ich nicht so viel schreiben, um voll in das Erlebnis hier einzutauchen ... aber ich melde mich wieder, wenn es etwas Spannendes zu erzählen gibt!














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